Nepal im Weltreise Backpacker-Diskurs

Weltreise_Annapurna_Basecamp

Wenn man auf Weltreise aus Indien raus kommt, kann einen bekanntermaßen nichts mehr erschüttern. Auch nicht die 36-stündige Busfahrt von Neu-Delhi nach Kathmandu. Viel habe ich von Nepal gehört, doch die ersten Reiseeindrücke von Neuankömmlingen beeindrucken mich nicht. Dass mich Armut, Verkehrschaos und aufdringliche Verkäufer nach mehreren Aufenthalten in indischen Metropolen verwirren werden, halte ich für eher unwahrscheinlich. Doch natürlich kommt immer alles anders als man denkt – vor allem auf Reisen. Und man sollte niemals unterschätzen, wie sehr einen eine tagelange Busreise unter dürftigen hygienischen Verhältnissen doch zermürben kann.

 

Kathmandu – Jetzt gehts los!

So erweise ich mich bei meiner Ankunft in Kathmandu keinesfalls als coole, welterfahrene Rucksackreisende, sondern schrecke bei jedem der zahlreichen, undefinierbaren Geräusche jäh zusammen. Um meinen ohnehin schon überstrapazierten Nerven und schmerzenden Gliedmaßen offensichtlich das Letzte abzuverlangen, kommen wir auch noch am frühen Abend an, was so viel wie den Höhepunkt an stinkenden Abgasen, Lärm und Menschenmassen bedeutet. Voller Wehmut denke ich an die nahezu schwärmerische Berichterstattung einer Freundin, die ihre Reise über enjoy-nepal.de gebucht hat und das Land mit all seinen Herausforderungen offenbar in vollen Zügen genossen hat. Mir hingegen bleibt die sagenumwobene übernatürliche Schönheit dieses kleinen Himalaya-Reiches vorerst noch verborgen und ich kann momentan nur an so profane Dinge wie eine warme Unterkunft, Schlaf und Essen denken.

 

Kathmandu – eine höchst lebendigen Metropole

Kathmandu

Gerade als Individualreisende geht es in erster Linie darum, die eigenen Grundbedürfnisse auf angemessene Weise zu befriedigen. Gelangt man an einen neuen Ort, gilt es also, sich schnellstmöglich zu orientieren und bei anderen Reisenden Erkundigungen über kostengünstige Unterkünfte und das kulinarische Angebot einzuholen. Vor allem was den letzten Punkt betrifft, ist Kathmandu in der Tat reich gesegnet. Nach einer entspannenden Nacht in einem einfachen, aber freundlichen Hostel, welches von einem informativen Franzosen betrieben wird, sieht die Welt schon wieder ganz anders aus und ich mache mich nach einem dekadenten Mahl aus frischem Baguette und nepalesischem Tee auf den Weg in das Backpacker-Zentrum Thamel.

 

In den Himalayas zum Trekking-Profi

Hier erwartet mich der nächste Kulturschock, denn zweifellos ist die reisende Alternativszene zu ambitionierten und trendorientierten Trekking-Profis mutiert. Wohin man auch schaut, trifft man auf dieselbe Art von Fleece-Jacken und Outdoor-Ausrüstung wie Wanderstöcken und Markenrucksäcken. Die einstigen Blumenkinder scheinen, wie auch in Indien, das Weite gesucht und die bunte Vielfalt an Kleidungsstilen mit sich genommen zu haben.

 

Jung und Sexy!

Hier ist inzwischen alles touristisch erschlossen und trotz des scheinbaren Chaos wohlorganisiert. Nach einer langen Zeit in den Bergdörfern im indischen Himalaya fällt mir hier vor allem der moderne Kleidungsstil der jungen weiblichen Bevölkerung auf, welche auch das einstmalige ungeschriebene Gesetz, dass gewisse Körperteile wie Ellenbogen und Knie dezent zu bedecken sind, ignoriert. Es scheint fast so als ob sie in einem westlichem Sport-Online-Shop ihre rebellierende Kleidung bestellen. Mit einem wohlwollenden Lächeln auf ihr westliches Pendant, welches sich an die hiesigen traditionellen Kleidungsgewohnheiten anzupassen versucht, getrotzt den alten Kleidungstraditionen. Oft wohl zum Leitwesen der älteren Generation.

 

Man muss sich mal was gönnen auf Reisen

Doch was wirklich alle Befürchtungen übertrifft, ist die unglaubliche Luftverschmutzung. Nach einigen Stunden in dichtem Gedränge begebe ich mich vollkommen energielos auf die idyllische Dachterrasse einer der zahlreichen kulinarischen Oasen Kathmandus. Von einer bereits in den frühen Morgenstunden geöffneten Bäckerei im Stil der deutschen ‚Backfactory‘, in der man sich nach dem Prinzip der Selbstbedienung mit ofenfrischen Croissants, Strudeln, belegten Brötchen und Cappuccino versorgen und diese in dem kleinen, aber feinen, malerischen Garten verspeisen kann, über exquisite französische Cafés und japanische Restaurants für Feinschmecker bis hin zu der aus Momos, Thalis und einer Fülle an köstlichen Milch-Desserts bestehenden heimischen Küche, findet sich hier alles, was man sich in Bezug auf kulinarische Köstlichkeiten nur vorstellen kann.

 

Kathmandu – kulinarisches Nirvana

Für Reisende, deren erste Destination die nepalesische Metropole ist, mag dies vielleicht nicht erwähnenswert sein. Ich jedoch friste bereits seit geraumer Zeit ein entbehrungsreiches Backpacker-Dasein und entsprechend ist Kathmandu für mich neben allen faszinierenden kulturellen Sehenswürdigkeiten und der landschaftlichen Schönheit der umliegenden Berge, die ich natürlich gebührend bestaune, in erster Linie eine Art kulinarisches Nirvana.

 

Annapurna – auf viel betretenen und dennoch atemberaubend schönen Pfaden

Annapurna_Pfad

Doch jeder Müßiggang hat einmal ein Ende. Und was wäre eine Rundreise in Nepal ohne die Teilnahme an einem der berühmten Treks?! Widerwillig trenne ich mich von dem einzigartigen Komfort, den die Hauptstadt zu bieten hat. Es ist wahr, dass man hier, wie von vielen Reisenden mit einem warnenden Unterton beschrieben, im wahrsten Sinne des Wortes hängenbleiben kann. So habe ich auch anstelle der ursprünglich geplanten vier Tage zwei ganze Wochen hier verbracht. Doch ich bereue nichts. Schließlich habe ich den Besuch jedes herausragenden Heiligtums mit dem Verzehr einer besonderen kulinarischen Delikatesse abgerundet und damit besonders denkwürdig gestaltet. Und auch mein kleines Domizil in der einfachen tibetischen Pension, in der ich mich in den kühlen Abendstunden an landestypischen Delikatessen wie tibetischer Suppe oder dem gewöhnungsbedürftigen Buttertee laben konnte, wird mir in Erinnerung bleiben.

 

Trekking in Nepal

Doch für den Rest meiner Zeit in Nepal steht also körperliche Ertüchtigung in erhabener landschaftlicher Umgebung auf dem Plan. Nach einer Busfahrt von etwa zwei Stunden erreiche ich meinen Ausgangspunkt Bhulbule. Hier treffe ich auf andere Trekking-Freunde. Nepal bietet für alle, die das Abenteuer lieben und neue Welten vorzugsweise auf eigene Faust erkunden möchten, ohnehin zahlreiche Einschränkungen. Natürlich sind diese angesichts der Risiken, die die unberechenbare Bergwelt mit sich bringt, nachvollziehbar. Den Annapurna-Trek kann man jedoch, meines Erachtens, bedenkenlos allein bewältigen, da man alle paar Kilometer auf Unterkünfte und Restaurants stößt und hier so viele Wanderer unterwegs sind, dass es schon eher eine Seltenheit ist, wenn man für einige Minuten ganz allein ist.

 

Überlebenstraining oder Trekking-Alltag

Bei der Ankunft in unserer Lodge erhalten wir eine erste Einführung in die Geheimnisse der Bergwelt, man könnte es auch ‚Überlebenstraining‘ nennen. Schwerpunkt liegt dabei natürlich auf der gefürchteten Höhenkrankheit. Regel Nummer 1 besteht darin, bei den ersten Anzeichen unseren nepalesischen Reiseleiter zu informieren und einen Ruhetag einzulegen oder, je nach Intensität der Beschwerden, den Rückzug in tiefer gelegene Regionen anzutreten. Auf diese Weise vorbereitet hält unsere fast zweiwöchige Trekking-Tour, was sie verspricht, und wir werden für unseren oftmals schweißtreibenden Einsatz mit einzigartigen Bergimpressionen, komfortablen Unterkünften und in dieser Region exotisch anmutenden Delikatessen wie warmem Apfelstrudel und Espresso belohnt.

 

Nepal nach dem Erdbeben: Jetzt erst recht?

Wie sieht es heute in Nepal aus, nach dem Erdbeben im Jahr 2015?

Die großen Touristendestinationen Kathmandu und Pokhara sind wieder aufgebaut und hergerichtet. Auch die bekanntesten Treks, der Annapruna Trek sowie die Destinationen Helambu und Langtang sind wieder zugänglich. Letztere war 2015 nach dem Erdebeben für ein Jahr gesperrt worden. Lodges und Wege wurden wieder aufgebaut und hergerichtet – teilweise die Chance zur Modernisierung genutzt. Nepal tut alles, um sich im Touristenlicht hell darzustellen.

Anders sieht es mit Bahktapur und anderen kleineren Städten aus, die weniger im Interesse der westlichen Besucher stehen. Viele Nepalis leben noch immer in Notunterkünften und der Aufbau geht nur schleppend voran. Und nun? Nepal besuchen, um wertvolle Touristengelder dort zu lassen? Oder ist es nur Katastrophentourismus?

Diese Entscheidung muss wohl jeder selbst treffen. Fest steht jedoch, dass Nepal die Touristen braucht – und auch das Geld, dass sie bringen. Denn nur damit wird sich das Land wieder aufbauen lassen. Zu dem kulturellen Zentrum voller freundlicher, hilfsbereiter Menschen, von dem jeder schwärmt, der schon einmal dort war.


Ich heiße Lena, bin 28 Jahre und komme aus Augsburg. Dort habe ich Gymnasiallehramt für Englisch und Sport studiert und mich nach dem Abschluss sofort auf das Abarbeiten meiner „to-do-Liste“ gestürzt. Ganz oben stand: Asienreise. Beginnend in Indien bin ich nun aktuell in Nepal und plane noch einen Flug nach Kambodscha. Je nachdem wie viel Zeit und vor allem Geld dann noch übrig ist, lasse ich mich weiter treiben- nur Ende Mai muss ich auf Grund eines Jobangebots wieder zurück in die Heimat. Darauf freue ich mich aber auch schon. Leider wurde mir in Indien meine Kamera geklaut, weshalb ich nun auf die Fotos von anderen Flickr-Kollegen zurückgreifen muss, die aber auch mein Erlebtes widerspiegeln.

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