Kulturelle Importe aus den USA
Was über den großen Teich kommt, hat meist dauerhafte Wirkung. Während lange Zeit Einwanderer aus Europa ihre Kultur und Vorlieben mit in die neue Heimat nahmen und so Bierbrauerei, Kindergärten und mehr in den USA populär machten, ist der Trend seit dem 20. Jahrhundert umgekehrt. Amerika exportiert seine Kultur, und Europa nimmt sie dankbar an. Ob Kleidung, Musik, Sport oder Unterhaltungsindustrie. In dem Artikel erzählen wir euch was angesagt ist und auf was wir nicht verzichten können.
Levi Jeans sind deutsch
Der weltweit größte Erfolg aus den USA ist und bleibt ein simples Kleidungsstück. Der aus Deutschland ausgewanderte Löb (oder Levi) Strauss, der in New York bei Verwandten das Textgewerbe erlernte, schneiderte aus Baumwolle schier unverwüstliche, mit Nieten zusammengehaltene Hosen für Goldgräber, Cowboys und Farmarbeiter. Die 1873 patentierten 501 Jeans traten nach dem zweiten Weltkrieg ihren Siegeszug auch in Deutschland an, wo sie zum Symbol einer modernen Jugend wurde, die Rock ’n’ Roll statt Volksmusik wollte und im chromblitzenden Diners Milkshakes und Coca Cola verzehrte. Jeans sind inzwischen in der Designermode ebenso zu Hause wie in den Billigketten, und jedes Jahr bringt neue Trends in Sachen Denim.
Musik aus den Vereinigten Staaten
Musik aus den Vereinigten Staaten ist seit 100 Jahren ein Hit. Den Anfang machten in den 20er Jahren Jazz und Swing, die mit ihren afroamerikanischen Einflüssen neu, aufregend und ein bisschen skandalös waren. Die späteren Musikrichtungen Rock, Pop, Grunge, HipHop und Rap ziehen sich wie ein roter Faden auch durch die deutschen Hitparaden. Sie haben Generationen von Musikern nicht nur in der Bundesrepublik beeinflusst.
Auf jeder Liste der besten Songs aller Zeiten sind amerikanische Musiker zu finden, von den Beach Boys, Bob Dylan und Leonard Cohen bis zu Nirvana, Prince, Michael Jackson und „King“ Elvis Presley. Auch für die Stars aus eigenen Landen, von den britischen Legenden wie David Bowie und den Beatles bis zu den deutschen Superstars wie Kraftwerk haben sie als Inspiration gedient.
Es gibt keinen weg um American Football
Im Sportbereich haben sich die Amerikaner etwas langsamer getan, die deutschen Fans zu erobern, aber auch hier wird Made in the USA immer beliebter. Zu den neueren Exportschlagern gehört der mit einem eiförmigen Ball gespielte American Football. Wie stark das Interesse an der mit gepolsterten Uniformen und Helmen ausgetragenen Sportart gestiegen ist, zeigen auch die Statistiken der NFL-Wetten. Die National Football League mit ihren 32 Teams gilt mittlerweile als umsatzstärkste Sportliga der Welt. Das Finalspiel um die Super Bowl am jeweils ersten Sonntag im Februar ist nicht nur eines der größten Sportereignisse der Welt, das in zahlreichen Ländern übertragen wird, es hat schon fast den Status eines Feiertages in den USA. Für die begehrten Auftritte in den Pausen werden Jahr für Jahr Superstars der Musikszene engagiert.
In Deutschland gibt es seit 1979 eine Bundesliga im American Football. Mittlerweile spielen 16 Mannschaften in der in Nord und Süd aufgeteilten German Football League, die ihre eigene Super Bowl hat. Rekordmeister mit elf Titeln sind die New Yorker Lions aus Braunschweig, die 1986 von zwei Schülern initiiert wurden. Derzeitige Titelhalter sind die Schwäbisch Hall Unicorns.
Basketball und Baseball sind sehr beliebt
Das 1891 in Massachusetts von einem Arzt und Pädagogen als Hallensport entwickelte Basketball ist aus deutschen Turnhallen und Stadien längst nicht mehr wegzudenken, auch wenn es zumindest momentan noch nicht den gleichen Kultstatus wie in den USA hat. Die deutsche Basketballnationalmannschaft ist seit 1936 international aktiv und hat außer einer olympischen Bronzemedaille auch Gold und Silber bei Europameisterschaften geholt.
Baseball, das uramerikanische Spiel, macht in Deutschland zwar noch wenig Schlagzeilen, aber auch hier nimmt die Zahl der Fans zu. Ein Vierteljahrhundert nach der Gründung der Baseball-Bundesliga sind die Mannheim Tornados mit zehn Titeln Rekordhalter in der auf Nord und Süd gesplitteten Liga.
Hollywood ist nicht wegzudenken
Zur wachsenden Popularität der sportlichen Importe trägt zum Großteil jene Branche bei, die die westliche Welt wie keine zweite beeinflusst hat: die Film- und Fernsehindustrie. Sportübertragungen, die einst für die großen Sender reserviert waren, sind mittlerweile auf eigenen Kanälen zu finden. Rund um den Sport sind eigene Streaming-Dienste entstanden, die es den Fans ermöglichen, jederzeit auf ihrem PC, Laptop, Tablet oder Smartphone laufende Spiele zu gucken oder archivierte Begegnungen abzurufen.
Die Allgegenwärtigkeit und Bequemlichkeit haben allerdings auch ihre Tücken. Illegale Anbieter haben sich mit eigenen Servern dazugeschaltet. Mittlerweile hat der Gesetzgeber darauf reagiert. War anfänglich nur der Betrieb eines illegalen Streaming-Dienstes unter Strafe gestellt, kann jetzt auch der Nutzer in der EU den langen Arm des Gesetzes zu spüren bekommen. Zu den Warnsignalen, dass es sich um Piraten handelt, gehört das Anbieten von Upgrades bei der Bildqualität.
Die höchsten Einschaltquoten bei den öffentlichen und privaten Sendern erreicht in Deutschland ausschließlich König Fußball. Beim im Ersten übertragenen WM-Endspiel 2014 in Brasilien, bei dem Deutschland mit 1:0 gegen Argentinien den Titel holte, schalteten 34,65 Millionen Zuschauern in der Bundesrepublik ein. Das entspricht einer Quote von 86,3 Prozent.
Serien bei Streaming-Diensten und Bezahlsendern lösen die alten Platzhirsche unter den Fernsehsendern ab. Hits wie „Stranger Things“ und „Games of Thrones” locken weltweit Millionen Fans an. Streaming-Dienste wie Netflix, Sky und Amazon Prime haben das Freizeitverhalten auch in Deutschland verändert. Gucken was und wann man möchte ist für viele unwiderstehlich. Mehr als drei Stunden am Tag, nämlich 193 Minuten, verbringen Bundesbürger ab 14 Jahren im Schnitt vor dem Fernseher.
Auch im Kino bleibt Hollywood die Traumfabrik. Superhelden aus dem Marvel-Universum, musikalische Biografien, Action-Filme und Weltraumspektakel dominieren auf den Großbildleinwänden, wenn auch einheimische Produktionen sich tapfer behaupten. Und während beim Kinospektakel weiterhin Popcorn und Softdrinks verzehrt werden und so den Trend der US-Beiträge zur deutschen Kultur verstärken, zeigt sich beim Imbiss hinterher ein etwas anderes Bild. Zwar ist der uramerikanische Hamburger seit Jahrzehnten das Symbol schlechthin für Fast Food, aber bei den Deutschen sind andere schnelle Gerichte spitze. Die Nummer eins beim Fast Food ist und bleibt Pizza, gefolgt vom schlichten belegten Brötchen und Brathähnchen. Burger folgen erst auf Nummer sieben. Wegzudenken sind sie dennoch nicht aus dem deutschen Leben, genau so wenig wie Jeans, Hollywoodfilme und Rockmusik.