Freiwilligenarbeit: So findest du das richtige Freiwilligenprojekt
Waldbrände, durch Fluten, Erdbeben und Tsunamis zerstörte Wohngebiete, Dürre, Wasserknappheit, Umweltverschmutzung, ein Mangel an Betreuung, Lehr*innen und Stromversorgung – die Welt ist im Notstand und helfende Hände werden immer gebraucht. Die Situation versuchen manche Organisationen leider auszubeuten. Doch die kannst du mit etwas Recherche und einem geschulten Auge entlarven. Du musst nur wissen, auf was du achten musst. Deine Hilfe soll auch wirklich dort ankommen, wo sie gebraucht wird. Lese hier, wie du das richtige Freiwilligenprojekt in der Überfülle an Freiwilligenarbeit-Anbietern finden kannst, um deine Herzensangelegenheit zu unterstützen.
Während meines dreimonatigen Praktikums bei einer NGO, die weltweit nachhaltige Freiwilligenprojekte im Natur-, Tier- und Umweltschutz organisiert und vermittelt, habe ich so einiges über den NGO-Sektor gelernt. Er ist überfüllt, kompetitiv und scheut sich vor nichts zurück. Dazu gehören rigoroses Greenwashing, überspitztes Marketing mit Versprechen an die Freiwilligenarbeiter*innen, die von vorneherein nie erfüllt werden sollen. Ganze Programme werden nur des Angebots wegen aufgesetzt. Nur um mehr Freiwilligenarbeiter*innen ein „Erlebnis“ zu ermöglichen.
Das Marketing läuft zumeist über die üblichen Distributoren, die Presse, Newsletter, eigenes Social Media Marketing, geschäftliche Kooperationen mit anderen Organisationen, Events und die klassischen Werbebanner. Es ist auch gängig, die Konkurrenz durch komplett erlogene und erdichtete Schreckensgeschichten schlecht dastehen zu lassen.
Diese werden dann als vermeintliche Kundenbewertungen auf deren sozialen Medien oder Bewertungsseiten wie Google, Tripadvisor oder Glassdoor veröffentlicht. Bei der Masse von Freiwilligen, die solche Organisationen jährlich in Projekte vermitteln, verliert man den Überblick über wahr und falsch.
Diese Art von Aufgaben gehen gegen meine Moral, daher habe ich sie angewidert abgelehnt.
Worauf solltest du also achten?
Wenn du vorhast dich in deinem nächsten Urlaub für das größere Wohl einzusetzen, dann checke die Organisation, deren Freiwilligenprojekt du dir ausgeguckt hast, genau aus. Prüfe mehr als nur eine Feedback-Seite nach Kundenrezensionen, auch die sozialen Medien. Bist du dir unsicher, schreibe einfach mal einen Menschen von der letzten Facebook-Rezensionen auf dessen Erfahrungen an. Freiwilligenarbeiter*innen sind zumeist sehr offene Menschen und teilen gerne ihre Geschichten. So hast du die Authentizität der Quelle zumindest sichergestellt.
Am einfachsten ist es jedoch, dich nach Erfahrungen und Empfehlungen im eigenen oder erweiterten Bekanntenkreis zu erkundigen. Hörensagen ist nach wie vor der stärkste und einflussreichste Erfahrungsträger.
Mission Statement, Vision und Forschungsberichte
Lese dir das Mission Statement und die Vision der Organisation durch. Ist das etwas, das du unterstützen möchtest? Gibt es so etwas nicht auf ihrer Webseite – was oft bei kleineren Organisationen der Fall sein kann, die nicht die Ressourcen haben, sich um einen gepflegten Internetauftritt zu kümmern – dann frage einfach nach.
Schaue, wie transparent sich die Organisation zeigt und ob sie die Arbeiten ihrer Freiwilligen und die Ziele der Arbeit sowie Meilensteine anschaulich erläutert. Werden Forschungsberichte über ihre Projekte veröffentlicht? Wie alt sind diese? Welche Ziele werden mit den Projekten verfolgt und werden diese auch erfüllt? Mit wem kooperieren sie und auf welcher Ebene (international oder vor Ort)?
Das Gesamtpaket Freiwilligenarbeit für Erstreisende
Für Erstreisende empfiehlt sich meines Erachtens eine organisierte Reise. Genau das, was alle Freiwilligenorganisationen anbieten. So habe ich auch gestartet. Es gibt dir einen Einblick, wenn du ganz neu in dem Feld bist, wie Freiwilligenarbeit gestaltet ist und ablaufen kann. Da Freiwilligenprogramme meist etwas ab von der Zivilisation und nicht gerade in den Touristenregionen eines Landes liegen, kann es zu Beginn schon etwas beängstigend sein.
Eine Organisation plant ab dem Transfer vom Flughafen in der Regel alles für dich und kümmert sich auch vor Ort, wenn etwas nicht rund läuft. Eine Ansprechpartner*in in einem fremden Land mit fremder Sprache, Sitten und Umgangsformen zu haben, bewährt sich meistens, bis man sich in die Freiwilligenarbeit eingefunden hat. Außerdem ist eine gute Besänftigung für die besorgten Eltern zu Hause und erspart dir die ein oder anderen Telefonate – glaube mir.
Das sollte in einem Freiwilligenprojekt enthalten sein
Solche organisierten Freiwilligenprojekte kosten natürlich auch einiges. Schrecke dennoch nicht vor den Preisen zurück, oft lohnen sie sich. Aber schaue genau, was in den Erlebnispaketen mit einbegriffen ist: Transfer vom Flughafen, drei Mahlzeiten am Tag, Ansprechpartner*innen und Projektleitung vor Ort (zumindest englischsprachig), Notruf-Support, Einweisung in die Arbeit, Versicherung, Ausflüge, Freizeitorganisation etc. Die ersten Fünf sollten zumindest in jedem Angebot mit enthalten sein.
Manche Freiwilligenarbeiten, gerade die im medizinischen Bereich oder im direkten Kontakt mit Kindern und Tieren, erfordern bestimmte Vorkenntnisse und Einweisungen oder Schulungen, die auch nicht günstig, aber notwendig sind. Darum achte auch auf die Voraussetzungen, die du für manche Projekte mitbringen musst. Bist du Beispielsweise an einem medizinischen Freiwilligenprojekt oder einem im Bereich der Gesundheitsvorsorge interessiert, musst du natürlich entsprechende Qualifikationen. Ebenso als Lehrer*in oder für den Marineschutz. Für Letzteres musst du Tauchen können, um Unterwasserstudien durchzuführen. Hast du noch keinen Tauchschein, kannst du ihn meist vor Beginn der Arbeit erwerben. Verlockender geht es doch kaum: Scuba Diving lernen und Gutes tun.
Hast du deine erste Freiwilligenarbeitsreise hinter dir und das erste Mal die dankbaren Augen der einheimischen Familien und Kinder gesehen, ist es um dich geschehen und du kannst wie ich nie wieder „normal“ Urlaub machen.
Freiwilligenarbeit selbst organisieren
Später kann man alles selbst natürlich viel günstiger organisieren, indem du direkt mit der Zielorganisation in Kontakt trittst und schaust, ob sie Hilfe brauchen und wie du dich am besten miteinbringen kannst. Das funktioniert jedoch nicht immer. Es hat ja auch seine Gründe, weshalb gerade kleinere Hilfsorganisationen in anderen Ländern sich an große Freiwilligenarbeit-Vermittler wenden, um aus ihrem Anliegen und Notstand ein Projekt für deutsche Voluntourist*innen zu machen.
Viele Organisationen sind jedoch gar nicht über das Internet vom heimischen Schreibtisch aus während der Urlaubsplanung zu finden. Die besten Chancen hast du tatsächlich, wenn du netzwerkst und dich nach Erfahrungsberichten und Organisationen bzw. hilfsbedürftigen Einrichtungen bei entsprechenden Gruppen und Netzwerken durchhörst. Die Abenteuerlustigen unter euch können auch einfach während ihres Backpacking Trips, Sabbaticals oder Work and Travel Urlaubs vor Ort schauen, was man antrifft, das helfende Hände benötigt. Das klappt so gut wie immer.
Wähle sorgfältig. Es ist immerhin auch deine Zeit und Geld, die du in das Projekt investierst. Am Ende sollst du nicht nur eine (hoffentlich) gute Zeit gehabt haben, sondern deine Arbeit soll auch etwas geleistet haben! Dafür machst du das ganze ja. Obwohl Voluntourism inzwischen ein beliebtes Verkaufsmodell ist, kann es doch etwas bewirken, wenn man sich für das Richtige einsetzt.
Lese auch wo du welche Freiwilligenarbeit leisten kannst wie hier in Afrika oder Indien.