Abseits der Touristenwege im Westen Chinas: Hangzhou und Suzhou
Meine erste Reise nach China sollte etwas Besonderes werden. Keine chinesische Mauer, keine Terrakotta-Armee und auch Peking oder Pandas standen nicht auf meinem Reiseplan. Stattdessen sollte mich meine Reise in den Süden des riesigen Landes führen. In die Gegend um Shanghai. Nach Hangzhou und Suzhou genauer gesagt – zwei Städte, von denen ich vor meinem Besuch im Leben noch nichts gehört habe.
Beide befinden sich aber nicht weit entfernt von Shanghai und eignen sich für mutige Individualreisende, die noch weniger touristisch-erschlossene, ursprüngliche Regionen erkunden möchten. Die beste Möglichkeit, Suzhou oder Hangzhou zu bereisen, ist als Tagesausflugsziel und Auszeit vom quirligen Shanghai.
Zwei Tage in Hangzhou – der Teehauptstadt Chinas
Die heiße Luft schlägt mich wie eine Tür ins Gesicht, als ich das erste mal aus dem klimatisierten Hotel auf die Straße trete. Es ist mein erstes Mal in China – in Asien sogar – und ich bin in Hangzhou, einer 8-Millionen-Stadt rund eine Stunde per Schnellzug entfernt von Shanghai.
Dichter Nebel hängt über der neblig-herbstlichen Stadt, als wir uns aufmachen, um die Lingyin-Tempelanlage zu besichtigen. Sie ist neben dem Westsee eine der Hauptattraktionen der Provinzhauptstadt. In China selbst ist Hangzhou allerdings für etwas ganz anderes Berühmtheit erlangt. Den G20-Gipfel nämlich. Und anders als die Hamburger in 2017 sind die Chinesen mächtig stolz darauf und besichtigen sogar den Saal, in dem die 20 mächtigsten Vertreter der Welt ihr Galaabendessen verdrückt haben.
Hangzhou ist schnell gewachsen. Das zeigen mehr praktisch als ästhetische Gebäude und die Vielzahl an Baukränen, die Teil der in den Dunst getränkten Skyline sind. Das große Tempelgelände strahlt aber noch eine beruhigende Ruhe in all dem Trubel aus. Jährlich pilgern tausende Buddhisten zu dem Heiligtum in Hangzhou, das eines der zehn größten Tempel Chinas ist.
Eine Bootsfahrt auf dem Westsee – und Freude schöner Götterfunken
Den Abend wollen wir am Westsee verbringen. Der 5,6 m² große See wird aus den Bergen gespeist und ist an manchen Stellen nur rund 1,5 Meter tief. Die Atmosphäre ist magisch, als bei einer Bootsfahrt Pagoden gespenstisch aus dem Nebel auftauchen und wir mit dem Boot lautlos vorbei gleiten. Die Sonne geht zart-rosa unter.
Zurück am Ufer erwartet uns eine Lichtershow auf dem Westsee. Die Akteure tanzen und singen, sie gleiten mit einer unwirklichen Eleganz zu “Freude schöner Götterfunken“ über das Wasser, Lichteffekte dramatisieren auch den Auftritt der kleinsten. Und obwohl ich nicht umhin komme, die Professionalität der Schauspieler und Sänger und die Farben der Lichter über dem See zu bewundern, ist es mir doch ein wenig zu viel des berühmtem chinesischen Kitschs. Andere Zuschauer unserer Blogergruppe sind sich allerdings einig, dass es das Event unseres Aufenthalts in Hangzhou war.
Das ursprüngliche Hangzhou in der Altstadt Hefangje
Am nächsten Morgen hat es etwas aufgeklart und der schlimmste Smog hat sich verzogen. Ich kann sogar ein wenig blauen Himmel ausmachen – der perfekte Tag, um die Altstadt von Hangzhou zu erkunden. Hangzhous Alstadt Hefangje ist nicht besonders groß, aber dafür umso lebhafter. Besonders interessant war uns die Apotheke Huqingyutang aus dem 19. Jahrhundert. Obwohl ich mir schon die Frage gestellt habe, welche Krankheiten genau sich mit getrockneten Fröschen kurieren lassen.
Wer nach einem Rundgang durch die Altstadt noch nicht genug von Hangzhou hat, der kann auch noch einen kurzen Ausflug zu den bekannten Drachenbrunnentee-Plantagen unternehmen. Rund sechs Kilometer außerhalb der Stadt liegt dieses ländliche Gebiet in dem seit Jahrhunderten der bekannte Drachenbrunnentee angebaut wird. Der Grüntee zählt zu einem der besten Chinas – es heißt, der Kaiser sei so begeistert von ihm gewesen, dass er ihm sofort nach dem Kosten einen kaiserlichen Status verliehen hat. Der Drachenbrunnenteekann in einem der unzähligen Teehäuser verkostet werden. Wir haben jedoch für eine Teezeremonie keine Zeit. Denn die Reise führt weiter nach Suzhou, eine Stadt deren Beiname „Venedig des Ostens“ hohe Erwartungen schürt.
Zwei Tage in Suzhou – dem Venedig des Ostens
Wo mir Hangzhou zu groß, zu grau und zu „funktional“ gewesen ist, war Suzhou eine chinesische Stadt, wie ich sie mir vorgestellt habe: Kanäle, Pagoden und Tempel säumen das Stadtbild. Der berühmte Kaiserkanal, auf dem der Kaiser früher bis nach Peking reiste, verläuft durch die Stadt, die heute 10 Millionen Einwohner groß ist. Trotzdem hat sie etwas von ihrem ursprünglichen Charme erhalten.
Ich finde vor allem die Temperaturen nach dem heißen und schwülen Hangzhou sehr angenehm, als wir am frühen Abend die Pingjiang Road in der Nähe unseres Hotels entlang spazieren. Kleine Läden reihen sich aneinander, mit Nippes, Kimonos oder Bubble Tea und anderem Street Food. Aus den Lautsprechern eines kleinen Restaurants schallt eine chinesische Version von „Uptown Funk“.
Im Garten des bescheidenen Beamten
Bekannt ist Suzhou auch für seine Gärten, 19 Stück gibt es insgesamt auf dem Stadtgebiet, neun davon gehören zum UNESCO Weltkulturerbe. Ich sehe mir den Garten des bescheidenen Beamten an, der größte der Gärten von Suzhou. Die Legende besagt, dass der Beamte Wang Xianchen seines Amtes enthoben wurde, als er dem Kaiser Hinweise gab, die in dessen Weltbild nicht passten. Er zog sich in seine Heimatstadt zurück und lebte bescheiden und zurückgezogen in dem 50.000 m² großen Garten.
Der riesige Komple voller Wäldchen, Hügel, traditionellen Häusern und kleinen Seen voll mit Lotusblüten strahlt trotz der vielen Touristen eine überraschende Ruhe aus. Ich kann mir vorstellen, wie der Beamte, enttäuscht und verbittert ob seiner gescheiterten Karrieren, zwischen den Lotusblüten entlang spaziert, die ihn an die Schönheit der Welt erinnern.
Seide – Suzhous wertvollstes Gut
Suzhou ist jedoch nicht nur ein Ort von Abgeschiedenheit und traurigen Geschichten. Im Suzhou Embroidery Research Institute erfahren wir, wie Seidenstickereien hergestellt werden. Die Fingerfertigkeit der Schülerinnen im Institut ist beeindruckend. Manche arbeiten jahrelang an einer Stickerei, die den Preis eines guten Mittelklassewagens hat. Wer sich auch nur ein wenig für Handarbeit interessiert, dem sei dieses Institut wirklich ans Herz gelegt.
Per Kanal wurde die Seide weiter transportiert, nach Peking zum Kaiser oder zu anderen Zielen. Wir sitzen in einem schwankenden Boot, ich kralle mich an der niedrigen Reling fest. Ein wirkliches Venedig-Feeling will aber nicht so ganz aufkommen, als wird durch enge Kanäle gleiten, links und rechts scheinen sich die gräulich-schmutzigen Hauswände unserem Boot zu nähern. Erst im Qingtang Viertel mit seinen kleinen Gässchen und Brücken, die sich über die Kanäle spannen, kommt etwas Romantik in mir auf. Das kann aber auch an der fallenden Dämmerung und den vielen rot-goldenen Lampions liegen, die zartes Licht verströmen.
Ein Geheimtipp: Das Wasserdorf Zhouzhuang
Für das wirkliche, romantische Venedig-in-China-Gefühl kann ich jedem nur das Wasserdorf Zhouzhuang empfehlen – wobei Dorf in China ein dehnbarer Begriff ist, denn mit 150.000 Einwohnern würde man in Deutschland wohl eher von einer mittelgroßen Stadt sprechen. Die Wasserstadt, die zwischen Shanghai und Suzhou liegt, kann nur per Bus oder am besten mit einer privaten Tour erreicht werden. Die schmalen Kanäle, steinernen Brücken und sauberen Gässchen voller Läden, die asiatische Kuriositäten, Tee oder Souvenirs anbieten strahlen eine tatsächliche Magie aus.
Ich kann mich nicht sattsehen an Zhouzhuang. An jeder Ecke eröffnet sich ein neues Postkartenmotiv, während Gondolieres singend durch die Kanäle gleiten. Die Wasserstadt ist wirklich ein kleines, chinesisches Märchen und auch, wenn das Hinkommen nicht ganz einfach ist, ist sie einen Besuch auf jeden Fall wert. Denn insgesamt kann das Reisen in China ein wenig beschwerlich sein – und Städte wie Zhouzhuang geben einem das Gefühl, dass der ganze Aufwand sich doch irgendwie lohnt.
Reisetipps für China
Da es meine erste Reise nach China war, war natürlich ein Kulturschock vorprogrammiert. Einen Vorgeschmack über das Reisen in China erhielt ich schon bei der Beantragung von meinem Visum. Dafür dürfen Touristen tatsächlich insgesamt 125 Euro blechen – für eine einmalige Einreise und 30 Tage Aufenthalt im Land. Der Bewerbungsprozess ist aufwendig, viele Dokumente sind notwendig und auch der Beantragungszeitraum ist nicht außer Acht zu lassen, da das Visum insgesamt nur drei Monate gültig ist. Hier findest du einen guten Artikel zur Visumsbeantragung.
Wer sich jedoch auf ein nicht ganz komfortables Reisen einlassen möchte, der kann in China eine spannende, unvergessliche Zeit erleben und eine der ältesten Kulturen der Welt erleben. Allerdings auch eine Kultur, die der unseren sehr unähnlich ist und ein Land, dessen touristische Infrastruktur vor allem im Westen, wo wir waren, auf Touristen aus dem eigenen Land und weniger aus der westlichen Welt eingerichtet ist. Das garantiert ein authentisches China-Erlebnis, erfordert aber auch einige Vorkehrungen bei der Reise. Hier einige Tipps:
Eine genaue Auflistung der Reiseroute machen
Das ist sowieso für das Visum notwendig. Das heißt also, jeder Besucher hat ohnehin eine Reiseroute vorliegen. Das ist aber auch sinnvoll und nützlich, um auch die chinesischen Namen der Orte, die man besuchen möchte, vorliegen zu haben. Denn im westlichen China sprechen viele Leute kein oder kaum Englisch. Es kann sehr sinnvoll sein, einfach einen Zettel mit dem chinesischen Namen des Ortes vorzulegen, den man besuchen möchte. Beim Taifahrer oder im Hotel beispielsweise
Spontanes Planen wird aber natürlich dadurch ein wenig erschwert. Wer seine Reise alleine plant, muss einige Recherchezeit einplanen. Es kann auch helfen, einfach einen Reiseveranstalter zu Rate zu ziehen und sich aus Deutschland die Route zurecht zu legen. Ctrip beispielsweise ist auf China spezialisiert. Denn vor Ort muss auch damit gerechnet werden, dass die Recherche durch die Internetrestriktionen erschwert wird.
Vor der Reise Geld wechseln lassen
Ich bin ein großer Fan der DKB-Kreditkarte, doch in China hatte ich so meine Probleme damit. In den meisten Geschäften kann man zwar mit Kreditkarte bezahlen, jedoch nur mit einer chinesischen. Ausländische Kreditkarten werden nur bei den großen Ketten wie Starbucks oder McDonald’s und in Großstädten wie Shanghai akzeptiert. Obwohl ich sogar in Shanghai so meine Probleme hatte.
Ich kann also jedem nur empfehlen, Euros mitzunehmen und vor Ort oder sogar schon von der Reise wechseln zu lassen. Wer kein Bargeld mitnehmen und wechseln möchte, der kann an den Automaten der Bank of China auch mit ausländischen Kreditkarten Geld abheben.
Für das chinesische Internet vorbereiten
Von der chinesischen Zensur wusste ich scho vorher und war glücklicherweise vorbereitet. Denn es sind nicht nur Facebook und YouTube oder Google gesperrt, womit ich schon gerechnet habe. Nein, auch Whatsapp und Instagram konnte ich ohne einen VPN nicht benutzen (Katastrophe für einen Blogger) und die Zensur erstreckte sich auch über Google Maps, Gmail und sämtliche Google-Dienste. Ein VPN ist also ein Must für einen Besuch in China. Zuverlässig funktioniert hat bei mir der kostenlose Turbo VPN. Gibt es auch für iPhone.
Wenn du bereit bist, diese Hindernisse auf dich zu nehmen, dann kannst du mit dem Westen Chinas einen Teil des riesigen Landes erkunden, der bisher kaum von Touristen überschwemmt wurde – zumindest nicht von westlichen. Und der krönende Abschluss deiner Reise? Sollte auf jeden Fall Shanghai sein! Aber dazu mehr in Teil 2.
Ich wurde vom Fremdenverkehrsamt China und Reiseland China zu dieser Reise eingeladen. Vielen Dank.